
- WortSpiel
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Programm
»Sommerherz – Das Leben der Alice Sommer-Herz«
Frédèric Chopin
Etüde für Klavier, op. 25 Nr. 2 (»Konzertetüde«)
und andere Werke
Maraike Brüning hat sich im Rahmen ihrer pianistischen Ausbildung mit der außerordentlich bewegenden Lebensgeschichte der Konzertpianistin und Klavierlehrerin Alice Herz-Sommer beschäftigt, die im Februar 2014 im hohen Alter von 110 Jahren gestorben ist. In eine jüdische Familie in Prag hineingeboren, traf Alice Herz-Sommer schon als Kind bedeutende künstlerische Persönlichkeiten wie Franz Kafka, Gustav Mahler und andere.
Obwohl viele ihrer Freunde und Verwandten das Land verließen, nachdem die Nationalsozialisten 1938 die Tschechoslowakei besetzt hatten, blieb Herz-Sommer, um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern und wurde gemeinsam mit ihrem jungen Sohn ins Konzentrationslager Theresienstadt eingeliefert. Dort war sie dann eine der Musikerinnen und Musiker, die gezwungen wurden, für die Gefangenen und für Besuchsdelegationen des Roten Kreuzes zu spielen, die ins KZ eingeladen worden waren, um Gerüchte über Vernichtungslager auszuräumen.
Obwohl etwa 33.000 Insassen im Lager starben und noch viel mehr nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager deportiert wurden, überlebten sie und ihr Sohn den Nationalsozialismus, anders als viele ihrer Verwandten einschließlich ihres Ehemanns Leopold.
Für Maraike Brüning ist die tschechische Pianistin Herz-Sommer mit ihrer Überzeugung, dass Musik ein entscheidender Grund für ihr Überleben war, zu einer sehr persönlichen Heldin geworden. »Herz-Sommer sagte sogar: ›Es mag sein, dass wir nicht viel zum Essen brauchten, weil wir die Musik hatten.‹ Das zeigt, was Musik in Zeiten bewirken kann, in denen alles andere zusammenzubrechen scheint. Für mich war das wirklich ermutigend. Ihre Geschichte ist seit fünf oder sechs Jahren Teil meines Lebens. Ich habe eine Biografie über sie gelesen, die mich sehr beeindruckt hat und einen großen Einfluss auf mein Studium hatte«, so Maraike Brüning.
»Als die Nationalsozialisten in die Tschechoslowakei einmarschierten, war sie gerade dabei, sich alle Etüden zu erarbeiten, und so war es aufregend für mich, einige der Etüden zu lernen und sie in ein kleines eigenes Projekt als Teil eines Meisterkurses einzubringen, und ich habe es jetzt auch noch für externe Konzerte weiterentwickelt.«
Bedauerlich ist es für Maraike Brüning, dass es ihr nicht möglich war, Aufnahmen von Herz-Sommer aus ihren besten Jahren zu hören. »Leider ist davon nicht viel übrig geblieben«, sagt sie.
In ihrem Gesprächskonzert möchte Maraike Brüning zeigen, dass beide Musikerinnen, die in derselben deutschen klassischen Tradition ausgebildet worden sind, in ihrer musikalischen Bildung einem ähnlichen Muster folgen, obwohl sie fast ein Jahrhundert trennt. »Vieles von ihrem Repertoire entspricht dem, mit dem auch ich auf- gewachsen bin – Brahms und Mozart und besonders Schubert und Bach. Insbesondere in Deutschland, wo ich vorher studierte, waren es genau diese Komponisten, die im Zentrum der Ausbildung standen«, sagt Brüning. »Alice Herz-Sommer spielte viel zeitgenössische tschechische Musik und ebenso Uraufführungen, die Freunde von ihr komponiert hatten, was zeigt, dass sie auch daran interessiert war.« »Es ist eine sehr berührende Geschichte, weil nicht alles aus ihrem Leben dunkel ist. Ihre Produktivität und ihr Optimismus trugen ebenso zu ihrem Überleben bei. Natürlich ist es eine Holocaust-Geschichte, aber für mich ist es auch eine Geschichte über Menschlichkeit, über eine positive Lebenseinstellung, Versöhnungsbereitschaft, und alles, was ich von ihr lernte, ist auch heute noch bedeutsam – gerade auch für mich als Deutsche. Aber das ist nicht alles. Vielmehr sagt ihre Lebensgeschichte etwas darüber aus, was wir alle heute von Alice Herz-Sommer lernen können.«
Maraike Brüning
Maraike Brüning hat sich als Pianistin einen Namen gemacht, indem sie mit klassischer Musik neue Wege geht, um mit ungewöhnlichen Präsentationen ein neues Publikum zu erreichen. Geboren 1989 bei Stuttgart, erhielt Maraike Brüning ihren ersten Klavierunterricht im Alter von sieben Jahren. Ihr Klavierstudium begann sie 2010 an der Musikhochschule Lübeck. 2012 wechselte sie an das Royal Conservatoire of Scotland (RCS), wo sie 2014 ihren Bachelor of Music mit Auszeichnung abschloss.
Mit einem Stipendium konnte sie ihre Zeit am RCS im Rahmen eines Solo-Klavier-Masterstudiums fortsetzen. Ihre Masterarbeit, »A Summer Heart – the fascinating life of Alice Herz-Sommer«, wurde 2015 mit Begeisterung aufgenommen und mehrfach wiederholt. Von 2015 bis 2016 rundete Maraike Brüning ihre Ausbildung mit einem weiteren Studienjahr am Royal Conservatoire of Scotland ab.
Neben ihrer regen Tätigkeit als Solistin und Kammermusikerin sieht die Pianistin ihren persönlichen Weg besonders in Zusammenarbeit mit anderen Kulturen und Kunstformen.
Die Kooperation mit Musikern aus der arabischen Welt führte sie seit 2012 regelmäßig nach Tunesien und Deutschland. Die Zusammenarbeit mit dem RCS Modern Ballet Department und mit dem Theaterensemble Torrent Theatre gaben ihrer kreativen Entwicklung weitere Anstöße.
Mit Projekten wie »An Eyeful of Sound« (2015) mit dem Architekten und Lichtdesigner Robbie Thompson oder »Dancing Blue« (2016) mit der Malerin Enya Lachman-Curl konnte sie ihre künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten erweitern.
Von 2016 bis 2017 lebte und arbeitete Maraike Brüning in London. Sie fertigte Übersetzungen für eine Dokumentation der BBC und war in einer Kirchengemeinde im Süden der britischen Hauptstadt als Organistin sowie Chor- und Ensembleleiterin engagiert. An Schulen präsentierte sie ihr Projekt »Sommerherz«.
Im Sommer 2017 ist Maraike Brüning nach Deutschland gezogen, zunächst nach Stuttgart und dann nach Berlin, wo sie jetzt als Klavierpädagogin tätig ist.
Sie arbeitet an neuen Konzerten/Performances, u. a. zu den Themen »Wechselspiel – Impressionismus in Kunst und Musik« und »Alma Mahler – Muse und Femme Fatale« (beides noch Arbeitstitel).